„You’re a politician?“ fragt meine Haushaltshilfe, als sie das erste Mal bei mir zu Hause ist. In meinem ungeputzten Fenster hängt ein Plakat von Franziska Roth. „Then please tell me: Every month, I pay several hundred Francs for Krankenkasse. Sie kommt aus Kenia, ist noch nicht lange da. „And when I went to the doctor, I had a bill over 1000CHF“. Ich lasse ihr einen Kaffee raus. „This is insane! How is politics solving that problem?“

Volltreffer. Ich starre in meinen Kaffee. Wo soll ich anfangen? Damit, dass wir in der Grundversicherung einen Pseudowettbewerb haben, in dem 44 Kassen die gleichen Leistungen anbieten – und deshalb letztes Jahr 72.6 Millionen Prämienfranken in Werbung verpufft sind? Oder damit, dass sie im aktuellen System gleich viel für die Krankenkasse bezahlt wie ein Milliardär? 

„Yes, it’s insane!” kann ich ihr nur beipflichten. „But you know Prämienverbilligung?“ Sie schaut mich fragend an. Nach meiner unbeholfenen Erklärung, was das ist und wie man es beantragt, lässt mich meine Haushaltshilfe mit sauberen Fenstern und der Erkenntnis zurück: Ich schulde ihr eine bessere Antwort.

Die suche ich auf der Website der Ausgleichskasse AKSO (https://www.akso.ch/ ) . Dort stolpere ich über die Berechnung des “massgebenden Einkommens” (https://www.akso.ch/produkte/individuelle-praemienverbilligung-ipv/haeufig-gestellte-fragen/ ) . Und darüber, dass wer Anspruch auf Prämienverbilligung hat, automatisch ein Formular erhalten sollte. Was nicht heisst, dass allen Anspruchsberechtigten automatisch Prämienverbilligung gewährt wird. Denn während die Verbilligung bei Menschen, die Ergänzungs- oder Sozialhilfeleistungen beziehen, direkt ausgezahlt wird, muss sie der untere Mittelstand proaktiv beantragen. Dass es da hapern könnte, zeigt zumindest meine Social-Media-Umfrage: Ein Drittel meiner Follower:innen wissen nicht, wie sie Prämienverbilligung beantragen könnten. Zudem mangelt es an Bewusstsein dafür, dass Prämienverbilligungen keine Almosen sind – sondern der notwendige Ausgleich zur unsozialen Kopfprämie. 

All das könnte dazu führen, dass im Kanton Solothurn nicht alles Geld abgeholt wird, was für die Prämienverbilligung zur Verfügung steht: Im Jahr 2023 wurden 6 Mio. Franken weniger ausbezahlt als budgetiert. Es besteht also noch Luft nach oben, wenn es darum geht, dass das verfügbare Geld auch ankommt – Bei der Familie mit zwei Kindern, 50000 CHF Einkommen pro Jahr und 10000 CHF auf der 3. Säule. Bei der Rentnerin, mit 10000 CHF Erspartem und 24000 CHF Rente. Oder bei der Haushaltshilfe, die 20000 CHF pro Jahr versteuert (Beispiele Onlinerechner AKSO Prämienverbilligung: provisorische Berechnung des Anspruchs | Ausgleichskasse Solothurn (akso.ch) ).

Aber es muss auch genug Geld für die Prämienverbilligung verfügbar sein. Das Geld kommt vom Bund und vom Kanton. Solothurn hat jahrelang mit 80 Prozent des Bundesbeitrags nur das Minimum gesprochen. Grüne, SP und Mitte/EVP konnten im Kantonsrat letztes Jahr zusätzliche 5 Prozent erwirken. Und das schlagen wir auch dieses Jahr wieder vor. Doch es zeichnet sich rechter Widerstand ab. Dabei würden wir mit der Erhöhung des Kantonsbeitrags auf 85 Prozent keine grossen Sprünge machen. Sondern angesichts des diesjährigen Prämienschocks nur das Mindeste. Klar ist da die Prämienverbilligung nur ein Pflästerli auf die explodierenden Gesundheitskosten. Aber besser ein möglichst grosses Pflaster, als ein zu kleines.