Vernehmlassung Stellvertretungsregelung im Kantonsrat
Analog zu Vätern sollen Mütter künftig das Recht haben, auch im Mutterschaftsurlaub am parlamentarischen Betrieb teilzunehmen. Diese Forderung wurde gehört und inzwischen ist eine entsprechende Anpassung auf nationaler Ebene auf der Zielgeraden. Mit der Stellvertreterlösung auf kantonaler Ebene kommt ein weiteres Puzzleteil dazu: Frauen sollen nicht dem Druck ausgesetzt werden, das Amt ausüben zu müssen – es sollte auch ohne Nachteile für die Partei möglich sein, während dem Mutterschaftsurlaub auf dieses Recht zu verzichten.
So war es zumindest gedacht. Die GRÜNEN haben die neue nationale Regelung mit grosser Ernüchterung zur Kenntnis genommen. So sollen nämlich Frauen nur am Parlamentsbetrieb teilnehmen dürfen, sofern keine Stellvertreterlösung auf kantonaler Ebene in Kraft ist. Womit wir leider fast wieder am gleichen Punkt wären wie vor den Anpassungen. Neu verliert eine Fraktion keine Stimme während dem Mutterschaftsurlaub eines Fraktionsmitglieds, was eindeutig eine Verbesserung des Status Quo ist. Allerdings haben Frauen nach wie vor keine Wahlmöglichkeit, ob sie am Parlamentsbetrieb teilnehmen möchten oder nicht. Mit der Umsetzung der Stellvertreterregelung muss sich eine Frau künftig vertreten lassen, oder sie verliert – wie bisher – den Anspruch auf Erwerbsersatz aus ihrer beruflichen Haupttätigkeit.
Erneut wird damit die Ungleichbehandlung von Männern gegenüber Frauen gesetzlich verankert. Diese ist ein unglaublicher Affront gegenüber den Frauen. Dass wir 2024 immer noch nicht weiter sind, macht uns GRÜNE schlicht sprachlos. Da ist der Umstand, dass die kantonale Stellvertreterlösung sauber aufgegleist ist und künftigen einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarkeit eines politischen Amts mit Familie und Karriere leisten wird, immerhin ein kleiner Trost. Die GRÜNEN regen in ihrer Vernehmlassungsantwort an, dass sich der Regierungsrat noch einmal kritisch äussert zur neuen nationalen Regelung.
Wie bereits in der politischen Diskussion zum Vorstoss Schreiber äussern sich die GRÜNEN in ihrer Vernehmlassungsantwort kritisch dazu, dass einzig die Mutterschaft als möglicher Stellvertretungsgrund geregelt wird. Für uns wären viele weitere Gründe für eine Stellvertretung denkbar wie etwa Vaterschaft, berufliche Auslandsaufenthalte und Unfälle oder Krankheiten mit längeren Rekonvaleszenzphasen. Leider war eine Ausweitung der Regelung auf weitere Fälle im Kantonsrat nicht mehrheitsfähig, was wir GRÜNEN sehr bedauern.
Die GRÜNEN regen weiter an, dass eine Form für die Stellvertreterregelung gefunden wird, die Mütter unabhängig vom Zeitpunkt der Vertretung gleichbehandelt. Dies betrifft insbesondere den Fall, wenn eine Vertretung über die Legislaturgrenze hinausläuft, oder wenn die bisherige Stellvertretung ordentlich ins Parlament nachrückt. Daraus sollen den Müttern keine Nachteile gegenüber anderen Fällen entstehen wie eine verkürzte Stellvertretung, kann doch Mutterschaft in den seltensten Fällen exakt geplant werden.
Die GRÜNEN sehen auch Fälle, in denen es unmöglich ist, eine Vertretung mit zweimonatiger Vorlauffrist zu melden. Dies gilt insbesondere dann, wenn aus medizinischen Gründen eine Teilnahme am Parlamentsbetrieb bereits früher als geplant nicht mehr möglich ist. Auch hier soll eine Lösung gefunden werden, die flexibel ist gegenüber unvorhergesehenen Änderungen im Plan, wie sie in der Schwangerschaft und nach der Geburt vorkommen können.
Ansonsten stehen die GRÜNEN hinter der neuen Stellvertreterreglung und freuen sich, wenn sich diese schon bald in der Praxis bewährt und damit ein weiterer kleiner Schritt in Richtung Vereinbarkeit des politischen Amts mit der Lebensrealität der Parlamentarierinnen gemacht wird.
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