7 Fragen an Felix Wettstein, Nationalrat GRÜNE Kanton Solothurn. Er verteidigt seinen Nationalratssitz und kandidiert auch für den Ständerat.

Die Fragen gestellt hat Barbara Wyss Flück, langjährige politische Weggefährtin

BWF: Du bist als Nationalrat unglaublich präsent und zwar im ganzen Kanton. Welches sind die eindrücklichsten Begegnungen im aktuellen Wahlkampf?

FW: Unter all den spannenden, beglückenden Anlässen und Begegnungen der letzten Wochen möchte ich zwei Dinge hervorheben. Zum einen die Anlässe in den Dörfern: Gleich zweimal bin ich im Wasseramt zur Chilbi eingeladen worden und habe mich über diese lebendigen Dorftraditionen sehr gefreut. Vieles war mir überhaupt nicht bekannt. Das andere, was heraussticht, sind die Anlässe an den Schulen: Jeweils eine ganze Aula voll 18-19-Jähriger, aufmerksam, gut vorbereitet, mit klaren Erwartungen. So erlebte ich es in Olten, in Solothurn und sogar ausserkantonal in Laufen (Gymnasium Laufental-Thierstein).

Es sprechen alle von monetärer Transparenz, für dich als GRÜNER seit jeher eine Selbstverständlichkeit, was ziehst du für ein Fazit?

Die Schweiz hat dieses Jahr einen wichtigen Schritt zur Transparenz der Politikfinanzierung geschafft: Alle müssen ihr Wahlkampfbudget offenlegen. Wenn ich es richtig einschätze, hat das nicht dazu geführt, dass weniger Geld zusammenkam, im Gegenteil: Die «Materialschlacht» ist grösser denn je. Was sich bestätigt: Andere haben in unserem Kanton im Vergleich zu uns GRÜNEN das 3-4-fache zur Verfügung. Und was mir auch auffällt: Bereits gibt es Umgehungen. Da verteilt ein privater Verein eine aufwändige Zeitschrift in alle Haushaltungen, vorne auf der Ttelseite ohne Parteinennung, doch im Innern ist es von A bis Z eine SVP-Postille. Solche Machenschaften müssen wir entlarven.

Als Hochschuldozent hattest du mit sehr vielen jungen Menschen zu tun. Wieso sollen dich gerade die Jungen wählen?

Weil mein politischer Kompass die nachhaltige Entwicklung ist: Das Dreieck von ökologisch konsequent, sozial gerecht und global solidarisch. Ich darf von mir behaupten, dass ich die Lebensqualität für alle und die langfristige Bewahrung unserer Lebensgrundlagen zum Massstab meiner Entscheidungen mache. Ich habe keine bezahlten Mandate, darum habe ich von nirgendwoher den Druck, für dicke Geldbeutel zu sorgen.

Während unserer gemeinsamen Kantonsratszeit hattest du mir einmal erzählt, ein Wanderbuch über den Jura zu verfassen, das wär’s – und ja, ich kenne keine Person mit breiterem Wissen über den Jura, egal ob, Wanderrouten, Flurnamen, Geschichte oder Grenzverläufe – kommst du überhaupt noch zum Wandern?

Ja, regelmässig! In letzter Zeit sind es vielleicht bloss Halbtageswanderungen, wenn am Vormittag noch «Pflöcke eingeschlagen werden» oder wenn am Abend noch ein Standbesuch ansteht. Aber ich entdecke im Jura immer wieder Neues. Am letzten Sonntag zum Beispiel vorbildliche fünf Schutzgebiete, zusammen 13 Hektaren gross, in Densbüren im Jurapark Aargau.

Wir haben in der Stadt Solothurn thematische Pflöcke eingeschlagen, welche Pflöcke konntest du die letzten 4 Jahre in Bern setzen?

Als Mitglied der Finanzkommission habe ich erreicht, dass diverse Bundesämter die Ziele der nachhaltigen Entwicklung ernster nehmen, dass sie für sich spezifische Ziele formulieren und ihre Fortschritte messen. Dasselbe konnte ich auch bei bundesnahen Betrieben wie Post oder Swissmedic erreichen. Das Thema von mehreren meiner Vorstösse war der Zusammenhang zwischen Umweltbelastungen und menschlicher Gesundheit. Beispiele sind die Abgase aus Zementwerken, die oft immer noch die Grenzwerte überschreiten, oder die PFAS, die so genannten «Ewigkeitschemikalien», die in sehr vielen Alltagsprodukten stecken und leider alles andere als harmlos sind. Letztes Jahr wurde ich Präsident von pro-salute.ch, der Allianz von Prämienzahlenden, Konsumenten und Patientinnen.

Du bist ein starker Teamplayer und eher der ruhige Typ, doch was hat dich die letzten Wochen so richtig geärgert?

Interessanterweise erlebe ich mich selbst gar nicht als ruhigen Typ. Vor allem debattiere ich leidenschaftlich gerne und so ausgiebig, dass anderen meistens vor mir der Schnauf ausgeht… Aber es braucht tatsächlich einiges, bis ich mich so richtig ärgere. Zum Beispiel ärgert mich die Selbstgefälligkeit, gepaart mit Abwertung alles Fremden. Wenn jemand behauptet, die Schweiz sei die beste aller Welten, wir seien doch überall perfekt, und von aussen käme nur Minderwertiges, dann macht mich diese Arroganz und Menschenverachtung wütend.

Die GRÜNEN treten mit drei starken Themenlisten Nr. 16, 17 und 18 und einer Liste der Jungen Grünen, Nr. 19 an. Wie ist es, die Nummer 1 zu sein, beflügelt dich die interne und externe Konkurrenz?

Ja. Beflügeln ist genau der richtige Ausdruck. Ich bin sicher, unsere Kantonalpartei war noch nie so gut aufgestellt: 24 Kandidierende mit einem wirklich beeindruckenden Reigen an Kompetenzen und Erfahrungen, alle Generationen sind vertreten, aktive Mitglieder nicht nur in den Städten, sondern immer mehr in den Dörfern. Hoffentlich schlägt sich das in einer guten Wahlbeteiligung nieder!

Lieber Felix, ich danke dir für das Gespräch, wünsche dir und deinem Team weiterhin viel Energie und Durchhaltewille. Ausgezählt wird am 22. Oktober und wir geben alles! #jetzterstrecht